Während ich den Tesla nach der Heimfahrt von Bad Kleinkirchheim an der Ladesäule in Wien abstellte, fühlte ich keine Erleichterung – sondern sah mich bestätigt. Das Abenteuer, das eigentlich nie eines war, war vorbei, aber die Gewissheit blieb: Elektromobilität ist nicht elitär. Sie ist einfach nur anders – und genau das macht sie zu einer echten Alternative.
von Thomas Buchbauer
Ich führe sie immer wieder – die Diskussion, ob Elektroautos für die breite Masse alltagstauglich oder einfach viel zu elitär sind. Ich persönlich wüsste nicht, warum es ausschließlich mit „Verbrennern“ (gemeint sind diesel- und benzinbetriebene Fahrzeuge) möglich ist, eine Urlaubsreise anzutreten. Bewiesen habe ich das Gegenteil schon mehrmals – meine Reisen mit dem Elektroauto führten mich in den letzten Jahren von der französischen Bretagne über den Norden Deutschlands bis in den letzten Zipfel von Kroatien – ohne jemals aus Ermangelung von Ladestellen mit leerer Batterie auf der Strecke liegen zu bleiben.
Doch diesmal war es die Reichweite von Elektroautos im Winter, die meine Freunde am Stammtisch im Zuge unserer letzten Diskussion als viel zu gering bezeichnet hatten. War das wirklich der Fall? Ich ließ es darauf ankommen, stieg gemeinsam mit meiner Frau in ein Tesla Model 3 und machte die Probe aufs Exempel.
Die Route führte über Berge
311 Kilometer sind es von Haustüre zu Haustüre – auf der Strecke von Bad Kleinkirchheim nach Wien wartet die anspruchsvolle Turracher Höhe, Bundesstraßen und Autobahnstrecken in den verschiedensten Ausprägungen. Ideal, um die Alltagstauglichkeit eines Elektroautos unter winterlichen Bedingungen zu testen.
Wir haben diesmal bewusst kein neues Pressefahrzeug dafür herangezogen, sondern einen rund drei Jahre alten Tesla Model 3 mit rund 60.000 km auf der Anzeige. Spannend war auch die Frage, wie weit die Batteriedegradation – also der sukzessive Verlust der Fähigkeit einer Batterie, Energie zu speichern und abzugeben – bei einem Elektrofahrzeug dieses Baujahres fortgeschritten war. Das Fahrzeug startete mit einer vollen Batterie, die eine Reichweite von 531 Kilometern anzeigte. Bei Minusgraden, eingeschalteter Klimaanlage und Sitzheizung sowie steilen Steigungen war die Strecke eine Herausforderung für die Technik.
Bergauf, bergab – wie reagierte die Reichweitenanzeige?
Der erste Abschnitt führte über die Turracher Höhe. Die deutlichen Anstiege über die Passstraße erhöhten den Energieverbrauch, doch das Fahrzeug kompensierte ihn auf eindrucksvolle Weise durch Rekuperation beim Bergabfahren. Ein besonders achtsames Auge hatte ich auf die Restreichweitenanzeige – sie blieb trotz der Herausforderungen relativ stabil. So auch im anschließenden Flachland – auf der Autobahn stabilisierte sich der Verbrauch bei etwa 18 kWh pro 100 Kilometer. Auch bei einer konstanten Geschwindigkeit von 130 km/h und mit aktiviertem Autopiloten auf der Autobahn und 100 km/h auf den Bundesstraßen blieb die Reichweitenprognose des Bordcomputers unverändert.
Die Prognose stimmte mit dem Ergebnis überein
Spannende 311 km weiter zeigte das Fahrzeug beim Einparken am Zielort in Wien noch eine Restreichweite von beachtlichen 140 Kilometern an – exakt wie beim Start berechnet. Die Maschine konnte die Strecke somit ohne Zwischenladen (!) bewältigen – nur der Mensch musste die unvermeidbare Pinkelpause in Anspruch nehmen.
Der gesamte Energieverbrauch der Reise belief sich auf etwa 56 kWh, was bei einem Strompreis von 0,25 Euro pro kWh Gesamtkosten von rund 14 Euro bedeutete. Im Vergleich dazu hätte ein Dieselfahrzeug wie jener von der Bauart vergleichbare BMW 420 d für dieselbe Strecke etwa 22 Euro an Treibstoffkosten verursacht, was eine Ersparnis von rund 8 Euro zugunsten des Elektrofahrzeugs ergibt.
Sitzt die Angst im Nacken?
Die Diskrepanz zwischen der „verbrauchten“ Reichweite von 391 Kilometern und der tatsächlichen Strecke von 311 Kilometern ergab sich durch die winterlichen Bedingungen und den zusätzlichen Energiebedarf für Heizung und Steigungen. Dennoch zeigte die präzise Reichweitenberechnung über die gesamte Strecke, dass keine Anpassung des Fahrstils notwendig war, um das Ziel ohne Nachladen zu erreichen. Jede Art von Bedenken, mit leerer Batterie auf der Strecke liegen zu bleiben, ist somit völlig aus der Luft gegriffen.
Der (Gebrauchtswagen-)Preis macht Sie sicher
Die Fahrt verdeutlicht die Alltagstauglichkeit eines Tesla Model 3 Baujahr 2021, selbst unter widrigen Bedingungen. Die zuverlässige Reichweitenkalkulation, die niedrigeren Betriebskosten und die Option auf schnelles Nachladen an Superchargern unterstreichen die Vorteile der Elektromobilität – auch wenn wir diesmal gar nicht nachladen mussten. Der Test macht mich sicher: Selbst der Faktor „Batteriedegradation“, der von meinen Stammtischfreunden immer wieder gerne ins Spiel gebracht wird, ist bei einem drei Jahre alten Model 3 schlicht nicht bemerkbar. Und noch ein Vergleich macht mich sicher, dass die Elektromobilität längst nicht mehr elitär ist: Die Long Range-Variante des Tesla Model 3 ist auf verschiedenen Internet-Verkaufsplattformen schon um rund 30.000 Euro zu haben. Ein BMW 420 Diesel gleichen Baujahres fand ich jedoch nicht unter 40.000 Euro.
Erfahrungen wie diese zeigen mir, dass ein Elektroauto und damit Elektromobilität im Allgemeinen nicht nur eine umweltfreundliche, sondern auch eine wirtschaftliche und praxistaugliche Alternative zu herkömmlichen Verbrennerfahrzeugen ist.
Dass ich das Argument, die Elektromobilität sei nur der Elite vorbehalten, mit meiner Nagelprobe ein für alle Mal aus der Welt geschafft habe, bezweifle ich allerdings – dazu kenne ich meine Freunde vom Stammtisch viel zu gut. 😉
Fahrzeug und Bedingungen
- Fahrzeug: Tesla Model 3, Baujahr 2021
- Akkukapazität: 75 kWh (Long-Range-Modell)
- Preis aktuelle Gebrauchtwagen Typ Model 3: rund 30.000 Euro
- Preis eines vergleichbaren Gebrauchtwagen Typ BMW 420 d: rund 40.000 Euro
- Start-Reichweite: 531 Kilometer (angezeigt)
- Außentemperatur: Minusgrade
- Zusätzliche Belastungen: Klimaanlage und Sitzheizung eingeschaltet
- Strecke: 311 Kilometer, davon etwa 20 Kilometer über die Turracher Höhe, eine bergige Passage mit erheblichen Steigungen, Autobahn und Bundesstraßen.
Fahrtverlauf
- Abschnitt 1: Bad Kleinkirchheim – Turracher Höhe
- Die Turracher Höhe stellte die größte Herausforderung dar. Durch die steilen Anstiege erhöhte sich der Energieverbrauch spürbar.
- Beim Bergabfahren wurde durch Rekuperation Energie zurückgewonnen, was den Verlust teilweise ausglich.
- Trotz Kälte und Steigung zeigte der Bordcomputer eine konstante Restreichweitenprognose.
- Abschnitt 2: Autobahn (Flachland)
- Im Flachland stabilisierte sich der Verbrauch bei 18 kWh/100 km.
- Der Autopilot unterstützte bei der Fahrt, wodurch die Effizienz weiter verbessert wurde.
- Die konstant hohe Geschwindigkeit von etwa 130 km/h zeigte keine nennenswerten Auswirkungen auf die Reichweitenprognose.
- Abschnitt 3: Wien (Stadteintritt)
- Beim Einparken am Zielort in Wien betrug die verbleibende Reichweite 140 Kilometer. Dies entsprach der Berechnung, die der Tesla bereits beim Start vorgenommen hatte.
Verbrauch und Kosten
- Gesamter Verbrauch: 55,98 kWh für die 311 Kilometer
- Kosten bei Heimladung:
- Strompreis: 0,25 €/kWh
- Gesamtkosten: ~14 Euro
- Vergleich mit einem Dieselfahrzeug (BMW 420 d):
- Verbrauch: 4,8 l/100 km (theoretischer Wert, realistisch eher 5,5 l/100 km)
- Dieselpreis: 1,50 €/Liter
- Kosten: ~22 Euro
Das Elektrofahrzeug war auf dieser Strecke etwa 8 Euro günstiger.
Zeitanalyse
Die gesamte Strecke wurde ohne Zwischenladen bewältigt, was die Zeitersparnis gegenüber einer Fahrt mit einem Ladezwischenstopp maximierte. Dank der guten Planung des Tesla-Bordsystems war keine Anpassung des Fahrstils notwendig, um die Reichweite zu gewährleisten.
Reichweite und Ladeinfrastruktur
- Start-Reichweite: 531 Kilometer (angezeigt)
- Reichweitenverbrauch: 391 Kilometer
- Tatsächliche Strecke: 311 Kilometer
Die Diskrepanz zwischen Reichweite und Strecke ergab sich durch die Bedingungen: Steigungen, Kälte und zusätzliche Energieverbraucher wie Sitzheizung und Klimaanlage. Trotz der erhöhten Anforderungen blieb die Restreichweite konstant berechenbar.
Die Restreichweite am Zielort hätte mit einem Zwischenstopp an einer Schnellladestation deutlich nach oben geschraubt werden können. Mit einem Tesla-Supercharger hätte eine 15-minütige Ladepause ausgereicht, um weitere 300 Kilometer Reichweite zu gewinnen.