Immer mehr Menschen denken über ein Elektroauto nach – oder fahren bereits eines. Doch eine Frage bleibt: Wo kann ich mein Auto laden, wenn alle eines haben? Die Sorge ist berechtigt: Unser Stromnetz wurde nicht dafür gebaut, dass auf einmal ganze Straßenzüge gleichzeitig ihre Fahrzeuge laden. Muss jetzt überall aufgerissen und neu verkabelt werden?
Die gute Nachricht: Es geht auch anders – und zwar deutlich günstiger und schneller.
Wenn das Stromnetz an seine Grenzen kommt
Das Verteilnetz in Wohngebieten funktioniert ein bisschen wie eine Wasserleitung: Es kann nur so viel durchfließen, wie die Rohre hergeben. Wird zu viel auf einmal verlangt – etwa wenn viele Haushalte gleichzeitig ihre E-Autos laden –, droht eine Überlastung.
Bislang wird das gelöst, indem das Netz aufgerüstet wird: neue Kabel, neue Trafos, neue Kosten. Doch genau hier setzt ein neuer Forschungsansatz an, der zeigt: Mit intelligentem Management der vorhandenen Kapazitäten lässt sich viel mehr herausholen, als man denkt.
Forschung zeigt: Es geht auch ohne neue Leitungen
Im Rahmen eines österreichischen Smart-City-Forschungsprojekts wurde untersucht, wie man die bestehende Strom-Infrastruktur effizienter nutzen kann. Dabei wurde ein städtisches Netz mit besonders hoher Auslastung als Testfall simuliert – also ein realistisches, herausforderndes Szenario.
Das Ergebnis: Mit dynamischen Strategien zur Verteilung des Stroms lässt sich die Anzahl der möglichen Ladepunkte für Elektroautos um das Siebenfache erhöhen – ganz ohne einen einzigen Meter Kabel zu verlegen. Das funktioniert, indem die tatsächliche Auslastung in Echtzeit gemessen und die Ladeleistung der Fahrzeuge flexibel angepasst wird.
Dynamisches Netzmanagement – was bedeutet das?
Statt jedem Ladepunkt dauerhaft eine feste Leistung zuzuweisen, werden die Grenzen flexibel gesetzt – je nachdem, wie viel Strom gerade im Netz verfügbar ist. Das Prinzip ähnelt einem modernen Verkehrsmanagement: Während starre Ampeln immer gleich schalten, reagiert ein Kreisverkehr flexibel auf den tatsächlichen Verkehr.
Dieses sogenannte dynamische Netzmanagement nutzt aktuelle Daten aus dem Stromnetz, um Engpässe frühzeitig zu erkennen und die Ladeleistung entsprechend zu regeln – ganz automatisch. So wird das Stromnetz geschont, ohne dass der Fahrer auf Reichweite verzichten muss.
Was bringt das für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer?
Für Eigenheimbesitzer mit E-Auto ist das eine erfreuliche Nachricht: Die Wahrscheinlichkeit, dass in der eigenen Straße ein neuer Ladepunkt eingerichtet werden kann – sei es öffentlich oder privat – steigt erheblich. Zudem sinkt das Risiko von Stromausfällen oder teuren Nachrüstungen.
Auch für Gemeinden oder Wohnungseigentümergemeinschaften bedeutet das: Mehr Ladeinfrastruktur kann schneller und günstiger errichtet werden. Die Ladezeiten werden intelligent verteilt, statt das Stromnetz zu überfordern.
Nächster Schritt: Der Praxistest
Die bisherigen Ergebnisse stammen aus einer aufwendigen Simulation. Der nächste Schritt ist nun die Umsetzung im realen Netzbetrieb. Dafür wurde ein Testgebiet ausgewählt, in dem die neuen Verfahren praktisch erprobt werden sollen.
Wenn sich die positiven Ergebnisse bestätigen, könnte diese Lösung bald flächendeckend zur Verfügung stehen – auch in Ihrem Wohngebiet. Ein wichtiger Beitrag zur Energiewende, ganz ohne Bagger und Baustellen.
Gut zu wissen:
Durch dynamisches Netzmanagement können bis zu siebenmal mehr Ladepunkte betrieben werden – ohne Netzausbau. Das spart Geld, Zeit und Ressourcen.