Energiegemeinschaften liegen im Trend – nicht zuletzt deshalb, weil immer mehr Menschen selbstbestimmt und unabhängig von großen Versorgern Energie beziehen möchten: weg von eklatanten Preissteigerungen hin zu konstanten Tarifen. Doch wann ist es sinnvoll, Teil einer Energiegemeinschaft zu werden, welche Voraussetzungen sind notwendig und welche Vorteile bringt es?
Sie erfreuen sich bereits in ganz Österreich wachsender Beliebtheit: In Energiegemeinschaften (EG) schließen sich verschiedene Teilnehmer zusammen, um gemeinsam erneuerbare Energie zu erzeugen, zu nutzen und zu teilen bzw. untereinander zu handeln. Dadurch werden Abhängigkeiten von großen Energieversorgen gesenkt, die Energiekosten werden reduziert, der Klimaschutz wird unterstützt sowie die lokale Wirtschaft und auch der soziale Zusammenhalt gestärkt. Energiegemeinschaften tragen außerdem zur Entlastung des Netzes bei, weil der Strom aus der PV innerhalb der Netzebene an Ort und Stelle verbraucht wird. Der Netzausbau muss damit zwar rasch, jedoch nicht von heute auf morgen passieren.
Boom der Photovoltaik
Die Produktion von erneuerbarer Energie liegt den Österreichern am Herzen – so gingen im Jahr 2023 140.000 neue PV-Anlagen ans Netz (Quelle: E-Control). Doch ließ sich in den vergangenen Jahren mit dem Einspeisen von Strom ins öffentliche Netz tatsächlich Geld verdienen, ist die Situation heute eine ganz andere aufgrund der wieder gesunkenen Strompreise. So berichtete etwa der Standard am 22. Mai 2024, dass die oberösterreichische Energie AG 20.000 Einspeiseverträge kündigte, weil ihr die Preise zu hoch wurden. PV-Besitzer bekommen somit weniger Geld für ihren eingespeisten Strom – ein Nachteil der aktuellen Situation. Eine mögliche Lösung stellen Energiegemeinschaften dar: Im Optimalfall wird so viel erneuerbare Energie erzeugt, wie innerhalb der Gemeinschaft verbraucht werden kann – und das zu einem festgelegten Tarif. Auch Bernhard Karnthaler, Geschäftsführer der Energiezukunft Niederösterreich (EZN), betont in einer Presseaussendung vom 18. Juni: „Es gibt nichts Sinnvolleres, als den von der eigenen PV-Anlage produzierten Strom selbst zu verbrauchen. Deswegen gibt es auch immer mehr Menschen, die Teil einer Energiegemeinschaft werden wollen. Würde man zusätzlich noch auf Speicher zurückgreifen, könnte man sich noch weiter optimieren.“
Übrigens gab es laut der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften mit Februar dieses Jahres bereits mehr als 1.000 Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften in Österreich – Tendenz steigend. Und: Seit April 2024 ist nun auch eine Mehrfachteilnahme an bis zu fünf Energiegemeinschaften möglich – und zwar für alle Arten von Teilnehmern (Volleinspeiser, Überschusseinspeiser, reiner Verbraucher) sowie für alle Formen (GEA, EEG, BEG – siehe übernächster Absatz). Dadurch kann eine noch effizientere Stromaufteilung zwischen den Gemeinschaften erreicht werden.
Was sind Energiegemeinschaften?
Viele Menschen hegen aktuell den Wunsch nach mehr Unabhängigkeit und spielen mit dem Gedanken, einer EG beizutreten. Die gute Nachricht: Um die Vorteile von gemeinschaftlich erzeugter Energie zu nutzen, ist es nicht zwingend notwendig, selbst über eine PV-Anlage zu verfügen. Denn wie in jeder Gemeinschaft bedarf es einer Ausgewogenheit – was im Fall einer EG bedeutet: Es gibt einerseits Mitglieder, die (Überschuss-)Strom zur Verfügung stellen und andererseits Personen, die Strom beziehen möchten.
Energiegemeinschaften sind regionale Zusammenschlüsse von unterschiedlichen Akteuren, die gemeinsam Energie erzeugen, verbrauchen, speichern und/oder verkaufen. Möglich wurde dies durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) aus dem Jahr 2021. Die Teilnehmer einer EG legen selbst fest, wie der gemeinschaftlich erzeugte Strom verteilt werden soll. Die wirtschaftlichen Vorteile bestehen darin, die selbst erzeugte Energie innerhalb der Gemeinschaft zu verkaufen (zu einem höheren Preis im Vergleich zur Alternative der Netzeinspeisung und Verkauf an ein EVU) oder Energie innerhalb der Gemeinschaft zu beziehen (zu einem niedrigeren Preis als dem herkömmlichen Strompreis). Bei der Festsetzung bzw. der Gestaltung der Tarife innerhalb einer EG gibt es grundsätzlich keine Vorgaben. So können verschiedene Modelle entwickelt werden, die zur jeweiligen Gemeinschaft passen. Zum Beispiel können Mitglieder, die in Errichtungskosten von Erzeugungsanlagen investieren, weniger für die verbrauchte Energie bezahlen oder für (energie-)armutsgefährdete Personen können günstigere Tarife vereinbart werden. Der Gestaltungsspielraum ist also groß, der Hauptzweck einer EG darf jedoch nicht dem finanziellen Gewinn dienen.
Welche Arten von Energiegemeinschaften gibt es?
Es gibt drei verschiedene Modelle, eine gemeinsame Nutzung von Energieerzeugungsanlagen umzusetzen.
- Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage (GEA)
Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen gibt es bereits seit 2017 in Österreich, sie gelten als Vorstufe zu den heutigen Energiegemeinschaften. Bei einer GEA können mehrere Teilnehmer mit einem gemeinsamen Netzanschluss (etwa Mehrparteienhäuser) und einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage selbst erzeugten Strom gemeinschaftlich verwerten. Der innerhalb eines Gebäudes erzeugte Strom wird also innerhalb des Hauses geteilt, der Stromaustausch bleibt innerhalb des Netzanschlusspunkts.
- Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG)
In einer Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft wird Energie inklusive Wärme aus erneuerbaren Quellen gemeinsam regional erzeugt, verbraucht, gespeichert und verkauft. Die Verteilung der Energie erfolgt über das bestehende Stromnetz. Die Teilnehmer müssen sich im selben Netzgebiet befinden, die EEG in der Nähe einer Erzeugungsanlage: Bei einer lokalen EEG (auf Netzebene 6 und 7) müssen die Teilnehmer am selben Trafo angeschlossen sein, bei einer regionalen EEG (Netzebene 4 und 5) am selben Umspannwerk. Alle Teilnehmer haben einen Netzzugangsvertrag mit demselben Netzbetreiber. Durch die räumliche Nähe wird innerhalb der Gemeinschaft ein vergünstigter Netztarif für Energiebezüge ermöglicht. Außerdem muss für die gemeinschaftlich erzeugte und verbrauchte Energie kein Erneuerbaren-Förderbeitrag bezahlt werden und die Elektrizitäts-Abgabe für Strom aus Photovoltaik entfällt.
- Bürgerenergiegemeinschaft (BEG)
Ebenso wie die EEG ist auch die BEG eine grundstücksübergreifende Gemeinschaft, allerdings entfällt hier der lokale/regionale Aspekt. Die Bürgerenergiegemeinschaft ist innerhalb Österreichs geografisch unbeschränkt und kann über die Grenzen eines Netzbereichs hinaus und auch netzbetreiberübergreifend umgesetzt werden. Sie ermöglicht es, elektrische Energie (Wärme nicht inbegriffen!) zu erzeugen, zu teilen, zu speichern, zu verbrauchen oder zu verkaufen, wobei der Strom nicht ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen werden muss. Durch den Wegfall der räumlichen Nähe gibt es keine finanziellen Anreize in Form von reduzierten Netztarifen, auch der Erneuerbaren-Förderbeitrag muss entrichtet werden.
Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Energiegemeinschaft
Ein Smart Meter, also ein intelligentes Messgerät, sowie die Messung und Speicherung von Viertelstundenwerten (Opt-In) müssen vorhanden sein, um eine Abrechnung innerhalb der Energiegemeinschaft zu ermöglichen. „Als Teilnehmerin bzw. Teilnehmer einer Energiegemeinschaft haben Sie aber weiterhin auch Ihren frei gewählten Energieliefervertrag und Ihren Netznutzungsvertrag, da die Energiegemeinschaft Ihre Versorgung aus dem öffentlichen Netz nicht gänzlich ersetzen kann. Zusätzlich besteht ein Vertragsverhältnis/Mitgliedschaftsverhältnis zwischen Ihnen und der Energiegemeinschaft“, informiert die Strom- und Gas-Regulierungsbehörde E-Control. Sollte noch kein Smart Meter vorhanden sein, so ist der Netzbetreiber verpflichtet, Endverbraucher bei Energiegemeinschaften auf Wunsch mit einem intelligenten Messgerät auszustatten. Die Kosten für den Zählertausch trägt der Netzbetreiber.
Der Verteilnetzbetreiber ist übrigens auch dazu verpflichtet, darüber Auskunft zu erteilen, an welchem Verteilnetzabschnitt der eigene Haushalt angeschlossen ist. In den Erläuterungen zum EAG ist festgehalten: „Personen, die sich zu einer EEG zusammenschließen wollen, ist auf Anfrage unbürokratisch und kostenfrei von den Netzbetreibern Auskunft darüber zu erteilen, an welche Verteilernetzebene ihre Anlagen angeschlossen bzw. ob sie im Lokal- oder Regionalbereich einer konkreten Gemeinschaft (in Gründung) sind.“
Und wer darf teilnehmen?
Grundsätzlich besteht eine Energiegemeinschaft aus mindestens zwei Teilnehmern, die mit der EG einen Verein, eine Genossenschaft oder eine Personen-/ bzw. Kapitalgesellschaft gründen. Laut Informationen der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften dürfen an einer EEG teilnehmen: „natürliche Personen, Gemeinden, Rechtsträger von Behörden in Bezug auf lokale Dienststellen und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Klein- und Mittelbetriebe. Bei Privatunternehmen darf die Teilnahme nicht deren gewerbliche oder berufliche Haupttätigkeit sein, das trifft gemäß den Erläuterungen zum EAG jedenfalls bei Elektrizitäts- und Erdgasunternehmen zu. Ausgenommen davon sind Elektrizitätserzeuger im Lokal- oder Regionalbereich, die nicht von einem Versorger, Lieferanten oder Stromhändler kontrolliert werden. Ihnen ist die Teilnahme erlaubt.
Teilnehmer an Bürgerenergiegemeinschaften (BEG) können natürliche sowie juristische Personen und Gebietskörperschaften sein. Auch Elektrizitäts- und Erdgasunternehmen oder Großunternehmen dürfen teilnehmen, die Kontrolle in der BEG dürfen aber nur natürliche Personen, Gebietskörperschaften und kleine Unternehmen ausüben.“
Wann macht es also Sinn, einer EG beizutreten oder eine zu gründen?
Erstens braucht es ein gemeinsames Interesse: Die Bewohner einer Region möchten mehr Unabhängigkeit von Energieversorgern, sie wollen ihre Energiekosten senken und streben gemeinsam eine nachhaltige Energiezukunft an. Sie haben zweitens genügend Ressourcen und geeigneten Platz für die Erzeugung erneuerbarer Energien. Sind drittens auch die finanziellen Mittel vorhanden und die Bereitschaft, in erneuerbare Energietechnologien zu investieren, so können sich Produzierende und Verbrauchende zu einer Energiegemeinschaft zusammenschließen, um zu selbst festgelegten Konditionen Energie auszutauschen – eine Win-win-Situation für Verbraucher, Produzenten und die Umwelt. Was die Zusammensetzung einer Energiegemeinschaft betrifft, so sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Produzenten und Verbraucher bestehen, im Idealfall 50:50. Ist dies vor allem zu Beginn nicht möglich, so sollte auf eine Optimierung im weiteren Verlauf geachtet werden.
Gibt es bereits eine Energiegemeinschaft in der Nähe?
Um das herauszufinden, gibt es mehrere Möglichkeiten. So bietet die Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften auf ihrer Webseite energiegemeinschaften.gv.at eine Landkarte mit den eingetragenen Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften.
Für eine Nahbereichsauskunft, also die Information, an welchen Teil des Verteilernetzes eine Anlage angeschlossen ist, muss man sich an den eigenen Netzbetreiber wenden. Dieser muss Interessierten innerhalb von 14 Tagen Auskunft erteilen.
Einige Netzbetreiber verfügen bereits über Online-Landkarten, welche ersichtlich machen, welche Teile eines Netzgebietes zum selben Lokal- oder Regionalbereich gehören. So kann für eine EEG eruiert werden, ob sich alle Mitglieder innerhalb des gemeinsamen Lokal- oder Regionalbereichs befinden. Außerdem können damit auch weitere Mitglieder gefunden werden.
Es gibt auch die Möglichkeit einer Quick-Check Abfrage beim Netzbetreiber. Dafür muss man die Zählpunktnummer eingeben und erhält anschließend eine »Beauskunftungskennzahl« (zum Beispiel für Wiener Netze hier: www.wienernetze.at/beauskunftungskennzahl-abfragen). Diese sagt aus, von welcher Trafostation bzw. welchem Umspannwerk der jeweilige Zählpunkt versorgt wird. Damit lässt sich wiederum überprüfen, ob alle geplanten Zählpunkte im gleichen »lokalen« oder »regionalen« Bereich eines Netzgebietes liegen.
Teilnahme oder Gründung – was darf es sein?
Gibt es bereits eine Energiegemeinschaft in der Nähe, so empfiehlt es sich, mit deren Betreibern in Kontakt zu treten, um folgende Details für den jeweils konkreten Fall zu klären:
- Macht eine Teilnahme wirtschaftlich Sinn?
- Ist bereits ein Smart Meter vorhanden?
- Welche Strommenge kann zu welchen Kosten bezogen werden?
- Gibt es weitere Kosten wie Beitritts-, Mitgliedschafts- oder Wartungsbeiträge?
- Welche Regelungen kommen in der Energiegemeinschaft zum Tragen (Teilnahmebedingungen, Verträge, Fristen …)?
- Wie erfolgt die Abrechnung?
Allen, die selbst zur Tat schreiten und eine Energiegemeinschaft gründen möchten, seien vorab folgende Überlegungen ans Herz gelegt:
- Wer sind die potenziellen Teilnehmer und haben sie bereits Erzeugungsanlagen sowie einen Smart Meter?
- Ist eine Investition (Erzeugungsanlage oder Energiespeicher) notwendig und wird diese gemeinschaftlich angestrebt?
- Werden organisatorische Aufgaben (Gründung, Abrechnung, Betreuung) innerhalb der Gemeinschaft abgewickelt oder braucht es dafür einen externen Dienstleister?
- Welches Modell (GEA, EEG oder BEG) soll es werden? (Auskunft von Netzbetreiber einholen, ob mit den geplanten Zählpunkten eine lokale oder regionale EEG gegründet werden kann)
Sind diese Fragen geklärt, empfiehlt sich die Erstellung einer Projektplanung: ein Konzept mit den bereits gesammelten grundlegenden Informationen (Art der EG, welche Organisationsform, Gestaltung der internen Abrechnung, Festlegung des Strompreises innerhalb der EG). Danach erfolgt die Gründung der Gesellschaftsform (z. B. Verein oder Genossenschaft). Nun ist die Energiegemeinschaft handlungsfähig und muss als Marktteilnehmerin unter www.ebutilities.at registriert werden. Man erhält eine Marktpartner-ID, die für den Vertragsabschluss mit dem Netzbetreiber notwendig ist. Abschließend wird die EG an die Marktkommunikation (z. B. per EDA-Anwenderportal) angeschlossen. Dadurch wird die Teilnahme am energiewirtschaftlichen Datenaustausch möglich, um z. B. eine An- und Abmeldung neuer Zählpunkte durchzuführen. Außerdem erhält die EG dadurch Infos darüber, wie viel Energie in der Gemeinschaft erzeugt und verbraucht wurde – also Daten, die für die Abrechnung notwendig sind. Das Gesetz verpflichtet den Netzbetreiber zur Sicherstellung der technischen Voraussetzungen für die EG (Einbau von Smart Metern, stabile Datenkommunikation).
Hier gibt es Unterstützung
Die Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften ist Anlaufstelle für eine ausführliche Beratung zur Gründung einer EEG oder einer BEG. Auf der Webseite energiegemeinschaften.gv.at finden sich u.a. eine Landkarte mit den eingetragenen Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften. Mit dem »Benefit- & Berechnungstool«, einem Online-Planungswerkzeug, kann das optimale Verhältnis von Erzeugung und Verbrauch innerhalb einer Energiegemeinschaft eruiert werden. Die Website bietet auch einen umfassenden FAQ-Bereich mit tiefgreifenden Informationen zu diversen Aspekten von Energiegemeinschaften. Allgemeine Fragen zu Teilnahme, Gründung, Verrechnung etc. beantworten Ansprechpartner in den Energieagenturen. Die Kontaktdaten der Beratungsstellen für Ihr Bundesland sind ebenfalls auf der Website zu finden.
Die Plattform team4.energy – Österreichs unabhängige Energiegemeinschaften – bietet alle Serviceleistungen an, die für den Aufbau und den Betrieb einer Energiegemeinschaft notwendig sind, von Gründung über Verwaltung und Abrechnung bis zum Ausbau und zur perspektivischen Weiterentwicklung zu einem Infrastrukturprojekt.
Die E-Control unterstützt bei Fragen zu den Themen Netzanschluss und Smart Metering (Energie-Hotline: 0800 21 20 20). An die Schlichtungsstelle der E-Control (www.e-control.at/schlichtungsstelle) können sich alle wenden, die Probleme mit ihrem Netzbetreiber oder Energielieferanten haben.
AUF EINEN BLICK
Vorteile von Energiegemeinschaften
Unabhängigkeit: EG sind Projekte, die die Abhängigkeit von großen Energieanbietern verringern.
Kosteneinsparungen: Die gemeinschaftliche Erzeugung und Nutzung von Energie sorgen für wirtschaftliche Vorteile (in EEG: reduzierte Netzentgelte, außerdem Entfall des Erneuerbaren-Förderbeitrags sowie der Elektrizitäts-Abgabe für Strom aus Photovoltaik). So kann auch dem Thema Energiearmut entgegengewirkt und die Wirtschaft einer Region gestärkt werden.
Umweltvorteile: Die Nutzung erneuerbarer Energien ist klimafreundlich und reduziert den CO2-Ausstoß. Durch die lokale Energieerzeugung in einer EG können lange Übertragungswege von konventionell erzeugter Energie reduziert bis vermieden werden.
Entlastung des Stromnetzes: EG tragen zur Entlastung des Netzes bei, weil der Strom aus der PV innerhalb der Netzebene an Ort und Stelle verbraucht wird.
Soziale Aspekte: Gemeinsame Projekte fördern das Gemeinschaftsgefühl und den Zusammenhalt. Auch das Bewusstsein für und eine breitere Akzeptanz von erneuerbaren Energien sind die Folge.
Potenzielle Herausforderungen
Einstiegskosten: Die Investitionen für Installation und Infrastruktur können je nach vorhandenen Gegebenheiten hoch sein.
Koordinationsaufwand: Die Planung, Gründung und Umsetzung einer Energiegemeinschaft bzw. die gemeinsame Entscheidungsfindung können komplex sein. Ein bestimmtes Maß an Wissen und Verständnis für den Stromhandel ist Voraussetzung.
Technische Herausforderungen: Expertenwissen wird für die Einrichtung und Wartung der Anlagen benötigt.
Platzverfügbarkeit: In Städten mangelt es vermehrt an Platz für PV-Anlagen (im Gegensatz zum ländlichen Raum), außerdem gibt es hier eine große Dynamik bei Miet- und Eigentumsverhältnissen, was die Langfristigkeit von Energiegemeinschaften beeinflussen kann.
GUT ZU WISSEN
Pilotprojekt mit Echtzeit-Daten
Im Rahmen eines Pilotprojektes verwendet die Bürgerenergiegemeinschaft St. Margarethen an der Sierning (NÖ) Live-Daten, ermöglicht durch einen sogenannten Smongle (Smart Meter Dongle). Diese Technologie erlaubt es den Mitgliedern zu wissen, wann Strom produziert wird, um ihr Verbrauchsverhalten entsprechend zu optimieren: Mitglieder können ihren Stromverbrauch an die Produktion anpassen, z.B. Haushaltsgeräte einschalten, wenn ausreichend Sonnenstrom verfügbar ist.
Die BEG St. Margarethen ermöglicht seit Mai außerdem erstmalig den Beitritt sowohl aus dem Gebiet der Netz NÖ als auch der Wiener Netze, also netzbetreiberübergreifend. Dies erlaubt Hausbesitzern in Niederösterreich, den in ihrer Photovoltaikanlage produzierten Strom in die Gemeinschaft einzuspeisen, der wiederum in einer Wiener Wohnung genutzt werden kann.
FAQ
Kann ich jederzeit wieder aus dem für die EG gegründeten Verein austreten?
Grundsätzlich ja, manchmal gibt es eine Bindung von z. B. einem Jahr, um eine Planbarkeit für die EG (abhängig von den Statuten der einzelnen EG) zu erreichen.
Wie viel kann bei den Kosten des Stroms, der innerhalb der EG von Konsument A nach B fließt, eingespart werden?
Das häng von der Art der Energiegemeinschaft ab. Bei GEA gibt es höhere Einsparungen als bei EEG. Bei EEG ist es abhängig davon, ob man am gleichen Trafo hängt, oder nur auf der gleichen Sammelschiene.
Was kostet eine Teilnahme an einer EEG?
Das kommt auf die Vereinsstatuten an, das heißt, es ist von EG zu EG unterschiedlich.
Kann eine EG in vereinseigene PV-Projekte oder Ladeinfrastruktur investieren?
Ja, das geschieht auch bereits in vielen EG in Österreich. Es muss aber nicht der Verein sein, sondern es können auch einzelne Vereinsmitglieder eine Investitionsgemeinschaft eingehen.
Muss ich den Stromlieferanten wechseln?
Nein, man muss weder den Lieferanten noch das Unternehmen, in das ein Prosumer liefert, wechseln.
Muss die EG einen Vertrag mit einem Stromlieferanten haben?
Ja, ein Grundvertrag für den Bezug muss vorhanden sein. Die EG wird immer als erster herangezogen, solange Strom innerhalb der EG getauscht wird. Der Grundvertrag kann auch, unabhängig von der EG, gewechselt werden.
In welcher Reihenfolge läuft die Versorgung ab?
- Strom produzieren
- Strom im Haus verbrauchen
- Strom in die Batterie laden bzw. auch ins Elektroauto und in die Warmwasserversorgung
- Reststrom in die EG liefern
- Restlicher Reststrom ins Netz liefern
Mit anderen Worten: Die Versorgung des eigenen Hauses hat IMMER Priorität.
AUS DER PRAXIS
Gemeinschaftlich profitieren
Die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft Maissau (NÖ) wurde im Herbst 2022 als Verein gegründet, mittlerweile sind sieben Gemeinden involviert mit rund 200 Teilnehmern. Wir führten mit dem Initiator, Umweltgemeinderat Hubert Wimmer, ein Kurz-Interview.
Herr Wimmer, welche Beweggründe gibt es Ihrer Erfahrung nach, einer EG beizutreten?
Hubert Wimmer: Der wichtigste Grund sind die wirtschaftlichen Vorteile – sowohl für die Einspeiser als auch für die Abnehmer (Ersparnis der Netzgebühr). Vielen Menschen ist es außerdem wichtig, dass die produzierte Energie in der Region verbleibt und nicht etwa ein großes Energieunternehmen davon profitiert. Mit dem Aufkommen der Energiekrise zeigte sich bei vielen Leuten eine große Unzufriedenheit mit gewissen Energieversorgern. Und drittens wiegt auch der Wunsch, als Gemeinschaft einen Beitrag zur Umwelt zu leisten.
Gibt es konkrete Erfahrungswerte, wie viel man sich durch die Teilnahme an einer EG an Energiekosten einspart?
Wimmer: Das ist schwierig zu beantworten, weil es natürlich auf den jeweiligen Energievertrag und auf den Einspeisetarif ankommt und vom konkreten Fall abhängt. Wenn man im Vergleich den gleichen Preis beim Energieversorger wie in der Energiegemeinschaft hat, kann man sich durch die Ersparnis der Netzgebühr aktuell 2 Cent/kWh sparen.
Ist es möglich, auch andere Energieformen wie Windkraft zu integrieren?
Wimmer: Grundsätzlich ist es machbar, allerdings sind die Windkraftanlagen meistens auf einer höheren Spannungsebene am Umspannwerk angeschlossen. Das Thema Windkraft spaltet die Bevölkerung, vor allem dort, wo es noch keine Windräder gibt. Es wäre jedoch möglich und für mich auch wünschenswert, da so auch am Abend und in der Nacht Energie erzeugt werden könnte.
Wie hoch ist der organisatorische Aufwand bei der Abwicklung der EG?
Wimmer: Für die Abrechnung bekommt man die benötigte Information vom Netzbetreiber zur Verfügung gestellt und sie ist monatlich in wenigen Stunden erledigt – also der Aufwand selbst ist relativ gering bzw. überschaubar. Die Schwachstelle ist eher die, dass zum Teil nur unzuverlässig entsprechende Daten einlangen – aus diversen Gründen: Zum Beispiel liefern Smart Meter keine oder schlechte Daten.
Wie gestaltet sich die Preisfindung beim Strom, der innerhalb der EG weitergegeben wird? Sind die Preise fix oder dynamisch geregelt?
Wimmer: Wir haben die Mitglieder befragt, welche Form sie bevorzugen. Die große Mehrheit möchte konstant langfristige Preise und so versuchen wir, den Preis auf ein Jahr konstant zu halten bzw. fix zu regeln.
Weitere Informationen auf: https://energiegemeinschaften.ezn.at/maissau