In Frankfurt wurde Geschichte geschrieben: Europas erstes nachhaltiges Lithiumhydroxid für E-Autos wurde produziert – und zwar komplett regional. Warum das nicht nur für Autobauer, sondern auch für Klima, Konsumenten und künftige Geschäftsmodelle ein Gamechanger ist, liest du hier.
Was haben ein Vulkan, ein Chemiepark in Frankfurt und dein zukünftiges E-Auto gemeinsam? Richtig: Lithiumhydroxid! Klingt trocken – ist aber das Gegenteil. Denn dieser Stoff entscheidet darüber, wie weit wir mit einem Elektroauto fahren können, wie schnell es lädt und wie umweltfreundlich es überhaupt ist. Bisher kam das „weiße Gold“ für Batterien meist von weit her: Chile, China, Australien. Doch jetzt produziert ein deutsch-australisches Unternehmen mitten im Herzen Europas – fast lautlos und grün – das erste nachhaltige Lithiumhydroxid. Der Name? Vulcan Energy. Der Ort? Frankfurt-Höchst. Was das mit Geothermie, 3D-Druck und der Zukunft Europas zu tun hat? Schnall dich an – wir fahren los!
Lithiumhydroxid: Das Superfood für deine Autobatterie
Wenn man einem E-Auto eine Diät verpassen wollte, würde man Lithiumhydroxid ganz oben auf den Speiseplan setzen. Warum? Weil es das Kathodenmaterial in modernen Akkus auf Hochleistungsniveau bringt. Insbesondere bei Nickel-reichen Zellchemien wie NCM811 oder NCA (ein Akronym für Nickel, Cobalt und Aluminium) sorgt Lithiumhydroxid für mehr Reichweite, kürzere Ladezeiten und bessere Performance. Tesla, BMW und VW setzen längst auf diesen „Power-Booster“ – in Premium-Modellen ist er längst Standard.
Im Gegensatz zum altgedienten Lithiumcarbonat ist LiOH (so die Kurzform) wesentlich hitzebeständiger und für High-End-Zellen effizienter. Kein Wunder also, dass die Nachfrage nach LiOH in den nächsten Jahren durch die Decke gehen soll: Laut Benchmark Mineral Intelligence wird sich der Bedarf bis 2030 auf über 2 Millionen Tonnen jährlich vervielfachen – mehr als das 15-Fache des heutigen Bedarfs. Über 70 % davon? Für E-Mobilität!
Frankfurt, wir haben Lithium!
Und jetzt kommt der Clou: Im November 2024 produzierte Vulcan Energy Resources die allererste Charge von Lithiumhydroxid – nicht in einer staubigen Mine in Südamerika, sondern in Frankfurt-Höchst, im Industriepark. Und zwar aus geothermischer Sole aus dem Oberrheingraben bei Landau in Rheinland-Pfalz. Klingt futuristisch? Ist es auch.
Das Verfahren basiert auf dem Prinzip: „Wärme rein, Lithium raus“. Die Wärme kommt aus der Erde (Geothermie), das Lithium aus dem Thermalwasser – alles CO₂-neutral, fossilfrei und made in Europe. Mit der CLEOP-Anlage (Central Lithium Electrolysis Optimization Plant) hat Vulcan eine Pionierleistung hingelegt: Die gesamte Lieferkette – von der Sole bis zum finalen Pulver für Batterien – findet in Europa statt. Keine Containerschiffe, keine Zwischenstopps, keine fragwürdigen Arbeitsbedingungen.
Batterieforschung, wie aus dem Laborbuch

Im Labor beginnt die Zukunft der Batterietechnologie: Europäische Forschung entwickelt neue Materialien wie Lithiumhydroxid und alternative Zellchemien. (Bild: www.pixabay.com)
Das neue Super-Lithium ist nicht nur nachhaltig – es ist auch ein Meilenstein für Europas Materialforschung. Die europäischen Staaten wollen unabhängiger werden von asiatischen und südamerikanischen Rohstoffriesen. Und das geht nur, wenn wir Technologien wie 3D-Druck, KI-gesteuerte Batterieentwicklung und neue Geschäftsmodelle mitdenken.
Aktuell wird daran gearbeitet, wie man Lithiumhydroxid direkt aus recycelten Batterien zurückgewinnen kann – Stichwort „Urban Mining“. Start-ups und Forschungsprojekte von München bis Skellefteå tüfteln an Verfahren, die E-Auto-Akkus nach der Nutzung in Zweitverwendung bringen: als Hausspeicher, Netzpuffer oder sogar als Druckmaterial für 3D-Druck-Komponenten. Und mit Werkstoffen wie Graphen, Silizium oder organischen Elektrolyten entstehen gerade neue Zelltypen, die Cobalt und Nickel teilweise oder ganz ersetzen könnten.
Europas Geschäftsmodell: Regional, sauber, unabhängig
Die großen Gewinner sind nicht nur die Klimabilanz oder die Industrie – sondern auch wir als Konsumenten. Mit regionaler Produktion sinken langfristig die Abhängigkeiten, Lieferengpässe und auch die Kosten. Vulcan Energy will bis 2027 im Vollbetrieb jährlich 24.000 Tonnen Lithiumhydroxid herstellen – genug für rund 500.000 Elektrofahrzeuge pro Jahr. Parallel entstehen Geschäftsmodelle rund um „grüne Batteriechemie“, die neue Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Exportpotenziale schaffen.
Besonders spannend: Die Kombination aus Geothermie und Lithiumgewinnung wird auch als Modell für andere Regionen Europas diskutiert – etwa in Italien, Frankreich oder Ungarn. Was Frankfurt vorgemacht hat, könnte Schule machen. Europas Akku-Zukunft wird also nicht nur schlanker und grüner, sondern auch selbstbestimmter.

Moderne Elektrofahrzeuge mit Lithiumhydroxid-Batterien laden schneller und fahren weiter – künftig mit Batterierohstoffen direkt aus Europa. (Bild: www.pixabay.com)
Lithiumhydroxid – das klingt erstmal wie ein Kapitel aus dem Chemiebuch. Doch hinter dem sperrigen Namen steckt die vielleicht wichtigste Substanz für die Zukunft der Elektromobilität. Dass Europa jetzt sein eigenes, nachhaltiges LiOH produziert – mit Erdwärme, regionalen Ressourcen und ohne Umwege – ist mehr als ein Meilenstein. Es ist ein Aufbruch. Für den Klimaschutz. Für clevere Geschäftsmodelle. Und für alle, die mit gutem Gefühl elektrisch unterwegs sein wollen.
Also: Wenn du das nächste Mal an einer Ladesäule stehst, denk daran – ein bisschen Frankfurt steckt jetzt vielleicht auch in deinem Akku.