Mit der zunehmenden Verbreitung von Elektroautos steigt auch der Bedarf an Ladeinfrastruktur – so auch in Wohnanlagen mit mehreren Parteien. Bis vor Kurzem war die Installation privater Ladestationen in solchen Gebäuden eine bürokratische Hürde. Doch zum Glück hat die Politik reagiert: Dank der Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahre 2022, die als „Right to Plug“ bekannt ist, hat sich das in Österreich nun grundlegend geändert. Wir zeigen, was das Gesetz für Wohnungseigentümer bedeutet und wie Sie eine Ladestation so unkompliziert wie möglich realisieren können. Außerdem gibt es Infos darüber, mit welchen Kosten für die Installation einer Ladestation zu rechnen ist.
Der Umstieg auf Elektromobilität stellt viele Mehrparteienhäuser vor eine Herausforderung: Ladeinfrastruktur ist künftig unverzichtbar, doch rechtliche, technische und organisatorische Fragen erschweren oft die Umsetzung. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Die Möglichkeit, zu Hause zu laden, spart Zeit, erhöht den Komfort und steigert langfristig den Wert der Immobilie. Und Sie tun der Umwelt einen Gefallen.
Der Weg zur Elektromobilität wird einfacher
Mit der WEG-Novelle 2022 hat die Republik Österreich erfreulicherweise einen wichtigen Schritt in Richtung Elektromobilität gemacht. Wohnungseigentümer haben nun die Möglichkeit, unkompliziert und rechtssicher in die Mobilität der Zukunft zu starten. Ob private Ladestation oder gemeinschaftliche Lösung – die neuen gesetzlichen Regelungen schaffen Planungssicherheit und senken die bürokratischen Hürden für Bewohner von Mehrparteienhäusern. Ob Sie schon ein E-Auto besitzen oder eines planen, jetzt ist der ideale Zeitpunkt, sich mit der Ladeinfrastruktur zu befassen. Wie sich Elektromobilität in Mehrparteienhäuser integrieren lässt, zeigt dieser gebündelte Leitfaden, dessen Informationen zu einem großen Teil auf dem Leitfaden „Organisatorischer und technischer Leitfaden für die Planung, Errichtung und den Betrieb von Ladeinfrastruktur im Mehrparteienwohnbau“ der Wirtschaftskammer Wien beruhen.
Die rechtlichen Grundlagen
Der österreichische Gesetzgeber hat in den letzten Jahren einige Erleichterungen geschaffen, um den Ausbau von Ladeinfrastruktur im Wohnbereich zu fördern. Im Mittelpunkt steht dabei das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), welches es Eigentümern erlaubt, mit einer einfachen Mehrheit Ladepunkte zu beschließen. Für private Ladeanschlüsse mit einer Leistung bis 5,5 kW reicht die sogenannte „Zustimmungsfiktion“, bei der andere Eigentümer zwei Monate Zeit haben um dem Vorhaben zu widersprechen, wenn sie Einwände haben. Für Neubauten und größere Renovierungen gelten ohnehin bereits klare Regelungen: In Wohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen muss mindestens jeder zehnte Stellplatz über eine Lademöglichkeit verfügen. Diese Maßnahmen sind sinnvoll und erleichtern zukünftige Erweiterungen.
Marcella Kral, E-Mobilitätsexpertin des ÖAMTC sagt zum Thema: „Die Integrationen von Ladestationen in Mehrparteienhäusern ist ein entscheidender Schritt, um die Elektromobilität flächendeckend voranzutreiben und den Bewohnern und Bewohnerinnen eine komfortable Ladeinfrastruktur zu bieten. Eine zusätzliche Rückvergütung der Ladekosten entsteht dabei durch die ePrämie des ÖAMTC.“ Mit der ÖAMTC ePrämie haben E-Auto-Besitzer in Österreich die Möglichkeit, ihre an privaten Ladestationen geladenen Strommengen sowie die daraus resultierenden CO₂-Einsparungen einmal jährlich vom Umweltbundesamt zertifizieren zu lassen. Für weitere Informationen zur e-Prämie hier klicken.
Das neue „Right to Plug“: Was bedeutet das?
Mit dem WEG profitieren Wohnungseigentümer von einfacheren Regeln, wenn es um den Einbau privater Ladestationen geht. Die wichtigsten Punkte der Novelle im Überblick:
- Zustimmungsfiktion: Wohnungseigentümer können eine private Ladestation an ihrem Stellplatz errichten, ohne die ausdrückliche Zustimmung aller anderen Eigentümer einholen zu müssen. Es reicht, diese schriftlich über das Vorhaben zu informieren. Wenn innerhalb von zwei Monaten kein Widerspruch eingeht, gilt die Zustimmung als erteilt.
- Erleichterte Beschlussfassung: Bei gemeinschaftlichen Lösungen, wie der Installation einer zentralen Ladeinfrastruktur, ist nun eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend. Zuvor war die Zustimmung der Mehrheit aller Wohnungseigentümer erforderlich – eine oft schwer zu erreichende Hürde.
- Informationspflicht des Hausverwalters: Der Hausverwalter muss auf Anfrage die Kontaktdaten der anderen Wohnungseigentümer bereitstellen, damit der Antragsteller diese über sein Vorhaben informieren kann.
E-Mobilitätsexperte Helmut-Klaus Schimany, Vorstandsvorsitzender BVe Austria, findet dabei lobende Worte über die Novelle: „Die durch die WEG-Novelle 2022 eingeführten rechtlichen Bedingungen schaffen Planungssicherheit und verringern potenzielle Konflikte. Vor allem die Zustimmungsfiktion gilt als ein wichtiger Schritt, um es Wohnungseigentümern zu ermöglichen, schneller, unbürokratischer und unkomplizierter in die Elektromobilität einzusteigen.“
Private Ladestation oder Gemeinschaftslösung?
Die richtige Lösung für die eigene Ladeinfrastruktur hängt von den Bedürfnissen der Bewohner und den Gegebenheiten des Gebäudes ab. Grundsätzlich gibt es zwei Herangehensweisen: individuelle Einzelanschlüsse oder eine zentrale Gemeinschaftsanlage.
- Individuelle Ladestationen: Einzelanschlüsse sind vergleichsweise einfach umzusetzen, da sie direkt an den Wohnungszähler angeschlossen werden können. Sie eignen sich besonders für kleinere Gebäude oder Nutzer, die keine gemeinsamen Lösungen wünschen und die Ladestation privat verwenden möchten. Allerdings sind sie begrenzt skalierbar und können bei etwaigen mehreren Nutzern schnell die Kapazität der Strominfrastruktur übersteigen. Ein Einzelanschluss ist damit eine gute Wahl für Einzelpersonen, die schnell eine Lademöglichkeit schaffen wollen. Dabei gilt es logischerweise zu beachten, dass die Kosten gänzlich vom Wohnungs- und Stellplatzeigentümer getragen werden müssen, allerdings gibt es attraktive Bundes- und Landesförderungen (mehr hierzu weiter unten).
- Gemeinschaftliche Ladestationen: Gemeinschaftsanlagen sind zukunftssicherer und effizienter. Sie erlauben die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und bieten oft ein intelligentes Lastmanagement, das sicherstellt, dass mehrere Fahrzeuge gleichzeitig laden können, ohne das Netz zu überlasten. Zudem lassen sich spätere Erweiterungen einfacher integrieren. Eine solche Lösung ist besonders sinnvoll für größere Wohnanlagen oder Häuser, in denen viele Bewohner an mehreren Ladepunkten interessiert sind.
Planungskonzepte für Ladeinfrastruktur in Wohngebäuden
Für die Errichtung von Ladeinfrastruktur in Gebäuden gibt es drei technische Varianten, deren Eignung von den örtlichen Gegebenheiten und den Anforderungen des Gebäudes abhängt. Im Folgenden erfahren Sie kurz und bündig über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Varianten.
- Variante A: Anschluss an den bestehenden Wohnungszähler/-verteiler
Vorteile: Einfach, kostengünstig, individuell umsetzbar bei kurzer Distanz zum Stellplatz.
Nachteile: Begrenzte Ladeleistung (≤ 3,7 kW), technische und wirtschaftliche Herausforderungen bei längeren Leitungswegen oder wenig Platzreserven, kein Lastmanagement.
- Variante B: Einzelanlage mit eigenem Zähler
Vorteile: Unabhängig von anderen Wohneinheiten, leichte Umrüstung zu Gemeinschaftsanlagen, Zähler nahe dem Stellplatz.
Nachteile: Zusätzliche Kosten für Zähler und laufende Gebühren.
- Variante C: Gemeinschaftsanlage (Multipointanlage)
Vorteile: Skalierbarkeit, zentrale Verwaltung durch eine Master Station mit integriertem Lastmanagement, optimale Netzkapazitätsnutzung.
Nachteile: Höherer Planungsaufwand, anfänglich höhere Kosten, die aber über längere Zeiträume hinweg amortisiert werden.
Kosten
Die Kosten für eine Ladestation setzen sich aus zweierlei zusammen: die Ladestation selbst sowie die Installationskosten. Die Kosten für eine Ladestation bis 11 kW bewegen sich zwischen 400 € für einfache Modelle und rund 1.500 € für Premiummodelle (je nach Ausstattungsvarianten). Hinsichtlich der Installationskosten bestimmen mehrere Faktoren den Preis. Der wichtigste ist, wie weit sich die Ladestation von dem Sicherungskasten befindet, an den sie angeschlossen werden soll. Befindet sich dieser in der Nähe, so ist mit Kosten um die 700 € zu rechnen.
Ist es nötig, Kabel über größere Distanzen zu verlegen und muss die Hausinstallation angepasst werden, so ist neben den Kosten für eine Wallbox mit Kosten von bis zu rund 1.500 € zu rechnen. Sind schließlich auch Erdarbeiten notwendig und besteht ein Bedarf, neue Sicherungen zu installieren, kann dies kosten. Im Idealfall bewegen sich die Kosten damit für die Ladestation und Installation bei rund 1.500 €, im ungünstigsten Fall kann dies aber 3.000 € und darüber kosten. Diese ist somit von einigen Faktoren abhängig und muss je nach Projekt individuell berechnet werden.
Staatliche Unterstützung nutzen
Die österreichische Bundesregierung unterstützt den Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur mit Förderprogrammen (Stand: Ende November 2024). So werden sowohl individuelle als auch gemeinschaftliche Projekte finanziell gefördert. Die Errichtung von Ladepunkten wird über die nationale „Förderaktion des Klima- und Energiefonds“ der österreichischen Bundesregierung im Rahmen der „E-Mobilitätsoffensive“ gefördert.
Für eine kommunikationsfähige Wallbox bei Installation in einem Mehrparteienhaus als Einzelanlage bekommt man bis zu 900,- €. Bei einer Installation von einer kommunikationsfähigen Wallbox mit Lastmanagement in einem Mehrparteienhaus als Teil einer Gemeinschaftsanlage gibt es sogar bis zu 1.800,- €. Die Förderungen zählen dabei zu den offensivsten Förderungen in der EU. Zu beachten ist, dass die Förderaktion zwischen einem privaten Ladepunkt (siehe Variante A&B oben) und einem „kommerziellen“ Ladepunkt (Variante C) unterscheidet. Hierbei gilt es, sich über die jeweiligen Förderprogramme auf www.umweltfoerderung.at und www.klimafonds.gv.at individuell zu informieren.
Wichtig: Förderanträge sollten frühzeitig gestellt werden, da viele Förderungen auf eine bestimmte Anzahl an Projekten begrenzt sind.
Checkliste für Ihre Ladestation in einer Wohnhausanlage
Damit Ihr Projekt erfolgreich wird, beachten Sie folgende Schritte:
- Planung und Abstimmung: Informieren Sie schriftlich alle Miteigentümer der Wohnhausanlage über Ihr Vorhaben eine Wallbox zum Langsamladen (max. 5,5 kW) zu installieren. Gibt es nach zwei Monaten nach Bekanntmachung keine Einsprüche, gilt dies als Zustimmung.
- Professionelle Umsetzung: Beauftragen Sie ein konzessioniertes Elektrofachunternehmen und lassen Sie ein Gutachten zur Eignung der Stromversorgung erstellen.
- Meldepflicht einhalten: Informieren Sie den Netzbetreiber rechtzeitig über die geplante Ladeleistung.
- Förderungen prüfen: Sichern Sie sich finanzielle Unterstützung durch Förderprogramme von Bund oder Ländern. Weitere Informationen gibt es auf www.umweltfoerderung.at und auf www.klimafonds.gv.at.
Wie bezahle ich den geladenen Strom?
In Österreich stehen für private Ladestationen verschiedene Bezahlsysteme zur Verfügung, die je nach Anbieter und Ausstattung der Ladestation variieren. Die gängigsten Methoden sind:
- Abrechnung über den Haushaltsstromzähler: Bei privaten Ladestationen, die direkt an den Haushaltsstrom angeschlossen sind, erfolgt die Abrechnung über den bestehenden Stromzähler des Haushalts.
- Getrennte Stromzähler für präzise Verbrauchserfassung: Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Stromverbrauch der Wallbox zu dokumentieren. Hierfür ist die Installation eines separaten Stromzählers nötig. Dieser misst ausschließlich den Energiebedarf der Ladestation und erlaubt so eine klare Trennung vom restlichen Haushaltsstrom.
- Smarte Backend-Systeme für automatisierte Abrechnung: Viele moderne Wallboxen bieten intelligente Backend-Systeme, die den gesamten Ladestrom erfassen und automatisch abrechnen können. Diese Systeme werden oft durch die Integration einer speziellen Software ergänzt, die den Verbrauch für einzelne Nutzer dokumentiert und Abrechnungsdaten bereitstellt.
- RFID- oder App-basierte Freischaltung und Abrechnung: Eine besonders flexible Lösung für private und geteilte Ladestationen ist die Verwendung von RFID-Karten oder Smartphone-Apps. Nutzer identifizieren sich, bevor der Ladevorgang beginnt, wodurch die Zuordnung von Stromverbrauch und Nutzer vereinfacht wird. Diese Methode ist besonders geeignet für Gemeinschafts-Wallboxen in Mehrparteienhäusern oder Nachbarschaften, Erfordert eine kompatible Wallbox sowie eine Registrierung der Nutzer.
Exkurs: Mietmodelle einiger Energieanbieter
Es besteht neben der Errichtung einer privaten Ladestelle noch eine weitere Möglichkeit, bequem zu Hause laden zu können: nämlich indem man auf ein Mietmodell setzt, wie dies einige österreichische Energieanbieter anbieten. Dabei handelt es sich um Komplettpakete, bei welchen die Planung, Montage, Wartung und Abrechnung der Ladestelle von den Anbietern übernommen wird. Erkundigen Sie sich in Ihrem Bundesland bei Ihrem Energieanbieter, ob dieser solch ein Modell anbietet.
Facts: Indem Sie in Ihrer Immobilie eine Ladestation installieren, tun Sie damit nicht nur der Umwelt etwas Gutes, sondern steigern auch den Wert Ihrer Immobilie. Wohngebäude mit Ladeinfrastruktur werden immer attraktiver und für immer mehr Menschen, die elektrisch unterwegs sind, eine entscheidende Bedingung, Interesse für die Liegenschaft zu zeigen.
Fazit
Für welche Lösung Sie sich auch entscheiden, der Entschluss, auf Elektromobilität zu setzen, ist nicht nur ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaschutz, sondern auch ein Komfortgewinn. Die Hürden bei der Installation von Ladeinfrastruktur wurden erfreulicherweise durch die WEG-Novelle von der Politik gemindert, sodass deren Errichtung keine komplizierte Sache mehr ist. Eigentümer und Verwalter von Wohnungen und Wohnhausanlagen, die frühzeitig in zukunftssichere Lösungen investieren, profitieren letztlich nicht nur durch geringere Betriebskosten, sondern auch durch die Attraktivität ihrer Immobilie. Experten vertreten die Meinung, dass es an der Zeit ist, den Wandel aktiv mitzugestalten und die Vorteile moderner Mobilität zu nutzen – direkt vor der eigenen Haustür.