Amstetten liegt an der A1, zwischen Linz und St. Pölten – also genau dort, wo man mit dem E‑Auto gerne eine Pause macht. Seit Kurzem steht dort einer der modernsten Ladeparks Österreichs: 38 Ladepunkte, drei Betreiber, 400 kW Ladeleistung, Strom aus der Region – und ein ganzes Erlebnisangebot obendrauf.
Doch hinter dem Projekt steckt weit mehr als ein Parkplatz mit Steckdosen. Es geht um Netzstabilität. Um Speicher. Um Speicher auf Rädern. Um das Zusammenspiel von Verbrauch, Produktion und Versorgung. Und um eine Vision davon, wie Städte künftig Energie denken könnten. SmartGyver hat bei Jürgen Hürner, Geschäftsführer der Stadtwerke Amstetten, nachgefragt.
„Wir wollten das große Ganze sichtbar machen.“
Herr Hürner, Amstetten hat nun einen Ladepark, der Maßstäbe setzt. Wie kam es dazu?
Jürgen Hürner, Geschäftsführer Stadtwerke Amstetten: Die Idee war eigentlich einfach: Wir wollten zeigen, dass E‑Mobilität mehr ist als eine Ladesäule. Also haben wir mit dem Ladepark ein Konzept entwickelt, das nicht nur technisch funktioniert, sondern auch sozial. Es gibt Platz, Licht, Sicherheit, ein gutes gastronomisches Angebot, Aufenthaltsqualität – und natürlich schnellen Strom. So wird aus einem Ladevorgang ein kurzer Stopp mit Mehrwert.
„4,4 Megawatt – und die Netzkapazität kommt von uns selbst.“
Das Projekt wurde in Rekordzeit gebaut. Wie war das möglich?
Hürner: Der entscheidende Vorteil war, dass der gesamte Ladepark in unserem eigenen Stromnetzgebiet liegt. Das heißt: Wir betreiben das Netz, wir liefern den Strom, wir bauen die Infrastruktur. Dadurch gab es keine langwierigen Koordinationsprozesse – und wir konnten eine Anschlussleistung von bis zu 8 Megawatt (derzeit sind es 4,4 MW) sehr früh absichern. Außerdem haben wir eine eigene Tochterfirma gegründet, die Ladewerke Amstetten GmbH. Das schafft schlanke Strukturen, klare Zuständigkeiten und Rechtssicherheit – auch für die Partnerunternehmen wie Ionity, EVN oder Tesla.
„Strom kommt nicht nur aus der Steckdose – sondern auch aus dem eigenen Kraftwerk.“

Ob Schnellladen, entspannen oder Gassi gehen – der Ladepark auf der Oiden bietet mehr als nur Strom. Hier wird E‑Mobilität zum Erlebnis für die ganze Familie. (Bild: ©Stadtwerke Amstetten)
Wie wichtig ist die Herkunft des Stroms?
Hürner: Sehr wichtig. Wir betreiben ein eigenes Laufwasserkraftwerk und bauen derzeit unsere Photovoltaik-Flächen massiv aus. Außerdem haben wir einen 2 MWh großen Batteriespeicher, der Strom zwischenspeichern und bei Bedarf bereitstellen kann. Damit versorgen wir z. B. unsere neue Trinkwasser-Hochbehälteranlage – ohne Diesel-Notstrom, komplett emissionsfrei. Das Ziel ist klar: lokal erzeugen, intelligent speichern, regional verbrauchen.
„Das ist kein Schnellladepark. Das ist ein Raum für Menschen.“
Der Ladepark wirkt fast wie ein kleiner öffentlicher Platz.
Hürner: Genau das war die Idee. Technik soll nicht abschrecken – sondern einladen. Deshalb gibt es einen Spielplatz, eine Hundeauslaufzone, barrierefreie WCs und ein regionales Bistro. Viele kommen mittlerweile nicht nur zum Laden, sondern auch zum Treffen. Das Projekt ist sichtbar und sympathisch – das schafft Akzeptanz für die gesamte Energiewende. Auch unsere bunten AC-Ladestellen im Stadtgebiet von Amstetten folgen diesem Prinzip: positive Sichtbarkeit schafft Vertrautheit.
„Wir erklären Energie dort, wo Menschen Fragen haben.“
Viele Haushalte interessieren sich für PV, Speicher und Wallbox. Was bieten Sie in dem Bereich?
Hürner: Sehr viel. Wir haben am Hauptplatz einen eigenen „Service Point“, wo Interessierte sich Anlagen ansehen können – im Maßstab 1:1, funktionstüchtig. Wir zeigen dort Wallboxen, PV-Module, Speicher, Wechselrichter – und erklären die Zusammenhänge. Dazu kommt individuelle Beratung – für Eigentümer:innen, Mieter:innen, Bauträger:innen. Und wenn jemand will, übernehmen wir auch die Umsetzung mit unserem Netzbetrieb oder regionalen Partnerfirmen. Wir nennen das „Stromökosystem“ – weil alles zusammenhängt.
„Wir denken das Auto als Speicher mit.“

Zur Eröffnung des neuen Ladeparks kamen über 2.000 Besucher:innen – bei Sonne, Musik und spannenden Einblicken in die Zukunft des Ladens. 38 Ladepunkte und derzeit 4,4 MW Leistung zeigen: Hier wird’s ernst mit der E‑Mobilität. (Bild: © Stadtwerke Amstetten)
Wie stehen Sie zu bidirektionalem Laden – also der Stromversorgung aus dem Auto ins Haus oder ins Netz?
Hürner: Das Thema ist extrem spannend – aber noch nicht ganz im Alltag angekommen. Wir arbeiten mit Partnern wie Keba zusammen, deren Wallboxen bereits V2G-fähig sind. Auch in der V2G-Allianz sind wir aktiv, etwa mit Projekten gemeinsam mit Kurt Leonhartsberger. Die technischen Möglichkeiten sind da. Was noch fehlt, sind standardisierte Schnittstellen, klare Garantiebedingungen der Autohersteller und wirtschaftliche Anreize. Aber wir sind überzeugt: In Zukunft wird das E‑Auto auch ein aktiver Teil des Stromsystems sein – als mobiler Speicher, steuerbar, vernetzt.
„Mieter:innen dürfen bei der Mobilitätswende nicht hinten bleiben.“
Und was tun Sie im Mehrparteienbereich?
Hürner: Wir realisieren öffentlich zugängliche Ladepunkte bei Wohnbauten und bieten vergünstigte Ladetarife für Anrainer:innen. Das schafft Zugang auch für jene, die keine eigene Garage oder Stellplatz mit Strom haben. Wichtig ist, dass alle mitgenommen werden – nicht nur Eigenheimbesitzer:innen.
„Ein Ladepark allein ist zu wenig – wir laden auch zur Energie-Tour.“
Es gibt auch Führungen durch Ihre Anlagen?
Hürner: Ja, und die Nachfrage steigt. Wir bieten Exkursionen an, bei denen Gruppen mit unserem elektrischen Shuttlebus – dem N-Bus – den Ladepark, das Kraftwerk, die Speicheranlage und eine PV-Fläche besuchen. Start ist im Service Point, wo wir Grundlagen erklären, dann geht es direkt zu den Anlagen – mit echten Einblicken in die Energiezukunft. Das ist besonders für Schulen, Gemeinden oder Unternehmen interessant, aber auch für Privatpersonen. Energie wird so greifbar und verständlich.
„Energiepolitik muss die Realität kleiner Versorger abbilden.“
Noch eine abschließende Frage: Was erwarten Sie der Politik? – Speziell was das Elektrizitätswirtschaftsgesetz betrifft, das gerade in Begutachtung ist?
Hürner: Wir wünschen uns ein Gesetz, das praktikabel ist. Viele Vorgaben – wie etwa verpflichtende Hinweise auf andere Anbieter auf der Rechnung – sind für kleine Versorger kaum umsetzbar. Auch Sozialtarife müssen realistisch abgebildet und finanziert sein. Wichtig wäre auch, dass Begriffe wie „systemdienlich“ oder „marktdienlich“ konkret definiert werden. Denn wir investieren in Speicher, Netzausbau und Versorgungssicherheit – dafür braucht es passende Rahmenbedingungen.

Jürgen Hürner leitet die Stadtwerke Amstetten – und denkt dabei nicht nur an Strom, sondern an das große Ganze: Wie Energie unser Leben einfacher, sauberer und lebenswerter machen kann. (Bild: ©Stadtwerke Amstetten)
Infokasten
Der Ladepark Amstetten – Zahlen, Fakten, Besonderheiten
- Standort: Direkt bei der A1, Abfahrt Amstetten West
- Ladeleistung: 38 Ladepunkte mit bis zu 400 kW, derzeit 4,4 MW Anschlussleistung
- Betreiber: Tesla, Ionity, EVN
- Stromherkunft: Wasserkraft, PV, Speicherlösung
- Infrastruktur: Spielplatz, Hundeauslaufzone, WC, Bistro
- Erlebnistouren: Führungen mit E-Shuttlebus zu Kraftwerk, Speicher, Ladepark
- Beratung: Service Point am Hauptplatz – kostenlose Infos & Technik zum Anfassen
Infos & Anmeldung zur Exkursion: www.stadtwerke.amstetten.at